ICH GEHE DA HIN, WO DER NAME VON JESUS CHRISTUS NOCH UNBEKANNT IST.

Apostel Paulus in Römer 15, 20

Ich bin (k)ein Amerikaner

16. April 2018

Ein Schweizer Kurzzeit-Mitarbeiter mit britisch-afghanischen Wurzeln war in Zentralasien bei einem Arbeitseinsatz. Es war Spätherbst und schneite immer weiter runter. Bevor der Winter endgültig Einzug hielt, wollte der junge Mann seinen Wintermantel noch reinigen lassen. Von der Begegnung die er dort hatte, lassen wir ihn gleich selbst erzählen.

Mit meinem Gastgeber ging ich in eine öffentliche Wäscherei unserer Stadt, um meinen etwas dreckigen Wintermantel waschen zu lassen, bevor der Schnee in der kommenden Woche auch auf uns herabfallen würde. Als wir eintraten unterhielten wir uns auf Englisch. Die dort arbeitende Frau schaute uns erstaunt an und fragte in der Lokalsprache neugierig: «Sprecht ihr etwa Englisch?» Als unsere Antwort «Ja» lautete, sprach ihr Gesichtsausdruck für sich. Denn womöglich kamen nur selten Ausländer in ihre Wäscherei. «Ist er Amerikaner?», fragte sie dann mit einem Lächeln, das ihr ganzes Gesicht füllte. «Nein, er ist Engländer», erwiderte mein Gastgeber, worauf sie dann sagte: «Oh, er sieht aber nicht aus wie ein Engländer, er sieht hübsch aus!». Wir lachten und verabschiedeten uns: «Bis Morgen!».

Hat sie es nicht verstanden?

Am nächsten Tag gingen wir also wieder zurück um meinen Mantel zu holen, denn langsam war der Temperaturunterschied spürbar. Als wir ankamen, wurden wir wieder von derselben Frau willkommen geheissen. Sie schaute dann an uns vorbei und sagte zu einer alten Frau, die hinter uns auf einem Stuhl sass: «Das ist der Amerikaner, von dem ich dir erzählt habe!» Und beide lächelten mich an, wobei ich auch mit einem etwas genierten Lächeln zu antworten versuchte. Mein Gastgeber wiederholte sich: «Er ist kein Amerikaner! Er ist halb Engländer und halb Afghane, weshalb er nicht typisch Englisch aussieht.» Sie nickte lächelnd und sagte anschliessend: «Tut mir Leid, sein Mantel ist noch nicht ganz fertig, kommt doch morgen wieder.» Also verabschiedeten wir uns zum zweiten Mal und bevor wir das Gebäude verliessen, kam ein leises deutsches «Auf Wiedersehen» aus dem Munde der alten Frau.

Täglich grüsst das Murmeltier

Am nächsten Tag war ich alleine unterwegs und hoffte sehr meinen Mantel zu bekommen. Als ich die Wäscherei betrat, stand die Verkäuferin wieder am selben Fleck hinter der Theke und lächelte mich an, drehte sich um und verliess den Raum. Ich hörte ihre laute Stimme sagen: «Der Amerikaner ist wieder da!», worauf ich ein leises Lachen nicht zurückhalten konnte. Sie gab mir meinen Mantel und sagte auf Englisch: «Good bye!», worauf ich dasselbe jedoch in der Lokalsprache antwortete: «Khayr!». Für sie werde ich wohl immer «der Amerikaner» bleiben.

Zentralasien

 

Anmelden