ICH GEHE DA HIN, WO DER NAME VON JESUS CHRISTUS NOCH UNBEKANNT IST.

Apostel Paulus in Römer 15, 20

Das Hochzeitsvideo

29. April 2019

Meine Freude war gross, als ich zum ersten Mal von meiner Sprachhelferin Amira nach Hause eingeladen wurde. Sie wollte mir die Videos von ihrem Hochzeitsfest zeigen. Ich dachte mir, wir würden uns die Aufnahmen zu zweit oder vielleicht noch mit ein paar Familienangehörigen anschauen. Als ich jedoch zu ihr nach Hause kam, staunte ich nicht schlecht. Das Wohnzimmer war voll mit Frauen.

In dieser Volksgruppe ist es offensichtlich nicht nur wichtig, die Hochzeit auf Video festzuhalten, sondern dieses später mit möglichst vielen Freundinnen und Verwandten gemeinsam anzuschauen.

Spannend ist anders

Nun legt Amira die erste DVD des Hochzeitsfestes ein. Ab und zu erklärt sie mir etwas. Ansonsten ist die Kamera hauptsächlich auf Gesichter der Gäste gerichtet. Es scheint mir, als ob alles ziemlich ernst von statten ging, da die wenigsten lächelten. Doch auch bei Fotos lächeln Einheimische selten. Immer wieder tauschen die Frauen Informationen über die Leute auf dem Bildschirm aus. Einige seien bereits verstorben, hätten Kinder bekommen oder sich scheiden lassen. Weiterhin tauchen neue Gesichter auf dem Screen auf. Langsam wird es etwas langweilig, die immer wechselnden ernsten Gesichter im Video zu beobachten.

Flucht und Wertschätzung

Eine zweite DVD folgt, welche zuerst etwas mehr Action verspricht. Man sieht einige Frauen tanzen. Doch nach einer Weile folgen auch hier endlose Nahaufnahmen von Menschen, die ich nicht kenne. Nach einer gefühlten Ewigkeit verschwindet meine Gastgeberin in die Küche. Ich gehe ihr nach und beobachte, wie sie ein Fischgericht mit Reis schön anrichtet. Sichtlich überrascht über mein Erscheinen, doch auch stolz, mir alles zeigen zu können, schiebt sie mir etwas in den Mund zum Probieren. Später meint sie zu mir, dass es ihr viel bedeutet hätte, dass ich zu ihr in die Küche gekommen bin. Dies überrascht mich sehr, und es freut mich, dass man mit Kleinem etwas bewirken kann.

Auch Kultur will gelernt sein

Nun geht der Essensschmaus los. Die Frauen formen den Reis mit der Hand zu einer Kugel. Ich versuche mich ebenfalls darin. Der Reis ist jedoch noch heiss, und mir fallen viele kleine Stückchen aus der Hand auf den Boden. Naja, das passiert halt, wenn man als Kind nicht mit den Händen essen durfte… Vor meinem inneren Auge sehe ich tadelnd meine Eltern. Sicherlich wären sie nicht glücklich darüber, dass ich sogar als Gast mit der Hand esse und diese dann auch noch öffentlich ablecke. Ob es sie wohl tröstet, dass ich dies nur vor Frauen tue?

Auf jeden Fall ist das Essen super lecker. Die Frauen unterhalten sich weiterhin angeregt. Sie müssen sich wohl weniger darauf konzentrieren, dass sie keine Reisstücken verlieren. Plötzlich erschallt lautes Gelächter. Was ist passiert? Habe ich etwas falsch gemacht? Aber nein, das Lachen gilt wohl einer lustigen Bemerkung. Die Frauen können sich kaum mehr halten und bei einigen laufen die Tränen. Gerne würde auch ich von Herzen mitlachen, doch als Einzige habe ich den Witz nicht verstanden. Dieser Moment zeigt ganz deutlich, dass ich noch tief im Sprachstudium stecke. Erst viel später hat man mir erklärt, warum alle in lautes Gelächter ausgebrochen sind. Wie viel ich doch noch lernen muss, bis ich solche Situationen verstehen kann – und auch ihren Humor.

Westafrika

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